Alles im Fluss

Freitag, 14. Juli 2006
Gesund und ohne Anstrengung, beweglich ohne Schweiß. Dieses Versprechen gibt uns so manche Fitness-Taktik. Die Feldenkrais® – Methode hält es auch.
Von: SUSI KAINDORFER

ALLES IM FLUSS

Gesund und ohne Anstrengung, beweglich ohne Schweiß. Dieses Versprechen gibt uns so manche Fitness-Taktik. Die Feldenkrais® – Methode hält es auch.

Ohne einen Fußballunfall wäre die Feldenkrais- Methode vielleicht nie entwickelt worden: Der israelische Physiker Dr. Moshé Feldenkrais verletzte sich am Knie, und da ihm kein Arzt helfen konnte, begann er die menschliche Anatomie zu studieren und Bewegungen bis ins letzte Detail zu beobachten. Daraus entstand ein Konzept, das seither Moshés Namen trägt: „Die Grundlage dafür ist ein tiefes Verständnis für den uneingeschränkten menschlichen Lernprozess, der Fähigkeit des menschlichen Nervensystems, neue Verknüpfungen im Gehirn zu lernen“, erklärt Mag. Margarethe Schrom, Präsidentin des österreichischen Feldenkrais- Verbandes.

GEEIGNET IST DIE METHODE FÜR JEDEN – vom Spitzensportler bis zum Schmerzpatienten. Sie hilft bei Gelenks- und Rückenschmerzen, aber auch bei Konzentrationsschwächen. Und so funktioniert es: Normalerweise bewegen wir uns automatisch und gedankenlos. Oft sitzen, stehen oder gehen wir falsch. Bei der Feldenkrais® – Methode macht man sich die eigenen Bewegungen bewusst und findet so heraus, was anstrengend oder unangenehm ist. Dafür werden Alternativen ausprobiert, Bewegungen, die einfacher sind und mit weniger Muskelaufwand ausgeführt werden können. Dabei geht es nicht um Training, sondern darum, es anders und leichter zu machen.
Anfangs erscheinen die Übungen beinahe zu leicht, um viel zu bewirken. Wie zum Beispiel das Rollen vom Rücken ins Sitzen. Unter Anleitung des Feldenkrais- Lehrers wird zwar keine »richtige« Version vorgemacht, dafür findet man selbst den richtigen Weg für die Bewegung, und das ohne Schweiß. „Während man sich beim Sport anstrengt und dadurch fester wird, helfen die kleinen Bewegungen, etwas im Körper zu lösen“, sagt die Expertin. „Wer Feldenkrais® praktiziert, wird mit der Zeit bewegungsintelligenter und weiß mehr über die Möglichkeiten seines eigenen Körpers“.

DURCH DAS BEWUSSTE SPÜREN, Wahrnehmen und Erforschen der individuellen
Bewegungs- und Verhaltensmuster werden die Lektionen behutsam und ohne Wettbewerbsgedanken auf das Ziel hingeführt. Die langsamen Übungen stimulieren den natürlichen, sensomotorischen Lernprozess des Gehirns. Das funktioniert nur, wenn die Muskeln nicht so stark angestrengt werden. Mit der Zeit verschwinden dann starre Bewegungsmuster und das Gehen, Armheben oder Fahrradfahren wird einfacher. Die steifen »Bürogelenke« werden wieder locker, Fehlhaltung und Fehlbelastung verschwinden.
Wichtig bei der Feldenkrais® – Arbeit ist die Ruhepause. Nicht selten liegt man dabei gemütlich auf einer Matte und wiederholt immer wieder eine einzelne Bewegung. Denn im Liegen hat unser Nervensystem nicht damit zu tun, uns aufrecht zu halten, und so Zeit, die neuen Informationen zu verdauen: „Der sensomotorische Lernprozess beruht auf Informationsrückkoppelung zwischen den Sinnen, den Muskeln und dem Gehirn. Informationen werden so lange zwischen Gehirn und Sinnen ausgetauscht, bis sich ein neues, intelligentes Handlungsmuster herausbildet“, hilft uns Schrom weiter.

FÜR BEWEGUNG à la Feldenkrais® gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder in der Gruppe, wo man es selbst versucht, oder in Einzelstunden. Dabei hilft der Feldenkrais® –Lehrer mit sanfter Berührung die Bewegungsabläufe zu verbessern und individuelle Bewegungsmuster zu erforschen.
Wirklich lernen kann man Feldenkrais® nicht, denn: „Es geht hier nicht um Tun, Machen und Beherrschen einer Technik, sondern um die Erfahrung und um selbstorientiertes Lernen im Sinne von Selbsterkenntnis. Und das dauert ein Leben lang“, so die Expertin.